Der hier angesprochene situative Status ist zu unterscheiden vom formalen Status, d.h. der Machtbefugnisse, die ein Akteur innerhalb der formalen Hierarchie einer Organisation hat. Er ist zu unterscheiden vom Begriff des sozialen Status, der die Rangstufe innerhalb einer Gesellschaft bezeichnet, die sich in Statussymbolen wie Titeln, Ämtern, Besitz oder Geld zeigt.

Der situative Status ist etwas, was man tut, unabhängig vom formalen oder sozialen Status, den man hat.

So wie der Soziologe Paul Watzlawick betont, dass zwei Menschen nicht nicht kommunizieren können, kann auch der Status nicht nicht vorhanden sein.

Der situative Status ergibt sich aus dem Verhalten der Akteure in einer konkreten Begegnung und kann sich rasch abwechseln. Insofern gibt es keinen neutralen Status. Die Akteure sind nie ganz auf Augenhöhe. Es gibt immer ein leichtes Gefälle, das sich rasch situativ verändern kann, d.h. eine Dynamik. Mitunter gewinnen Kinder gegenüber den Eltern „mentale Oberhand“. Das lässt sich gut an der Kasse eines Supermarktes, der sogenannten Quengelzone beobachten, wenn es dem 7-Jährigen gelingt, doch noch ein Überraschungs-Ei zu erstreiten.

Eine gute Führungskraft ist sich des relativen Status in der Situation jederzeit bewusst und kann die eigene Kommunikation variieren, um sich im dynamischen Prozess des Gesprächs anzupassen, ohne das eigene Ziel aus den Augen zu verlieren.

Wichtig ist es zu verstehen, dass die täglichen Situationen analog einer Bühne funktionieren. Hoch- und Tiefstatus entstehen nicht nur in unserem Wollen sondern vor allem in den Augen der Betrachter. So sind Meetings solche Bühnen auf denen wir situative Status zeigen und insofern Machtpotentiale ausspielen. Dafür nutzen wir kulturell definierte Signale, wobei wir mitunter Hoch- und Tiefstatus-Signale kombiniert zeigen. Das macht es schwierig, den Status an einzelnen Zeichen der Körpersprache festzumachen.

Typische Merkmale des Hochstatus sind: Entspannte und klare Haltung. Der Hochstatus hat keine Probleme und er weiß was zu tun ist. Er wirkt zielgerichtet in der Sache und weiß, was er will. Er muss niemandem irgendetwas beweisen. Der Hochstatus fragt, um zu führen, und wartet  nicht auf Erlaubnis. Er hat klare Vorstellungen, zeigt Autorität und trifft Entscheidungen.

Typische Merkmale des Tiefstatus sind: Unsichere Haltung und Unentschiedenheit. Der Tiefstatus hat Angst und meidet Verantwortung und Entscheidungen, um somit auch Konflikten aus dem Weg zu gehen und Harmonie zu bewahren. Er möchte gemocht werden und ungefährlich wirken. Er fügt sich und arbeitet zu, fragt um Erlaubnis und ordnet sich unter.

Die körpersprachlichen Statushandlungen sind jedoch selten eindeutig, denn der innere Status (die Selbstsicherheit im Moment des Kontakts mit einem Gegenüber) schwankt, verändert das Auftreten und somit den nach außen sichtbaren Status. Es entstehen gemischte Signale und eine vorher klare Hochstatus-Haltung kann durch plötzliche, innere Unsicherheit aggressiv oder cholerisch wirken. Eine vorherige Tiefstatushaltung kann durch innere Wut und Entschlossenheit plötzlich entschlossener und klarer wirken.
Die inneren Haltungen zu Macht und Status in der Situation und deren Angemessenheit werden über äußerliche Merkmale wie Ruhe in der Körperachse, aufrechten Gang, die Geschwindigkeit im Gang oder die Hektik im Sprechen erschlossen und bewertet.

Eines der wichtigsten Zeichen des Hochstatus ist es, Raum für sich zu beanspruchen. Das gilt für den eigenen wie für den Raum des Anderen, in den man ungefragt eindringt. Der Tiefstatus hingegen gibt anderen Raum und nimmt selbst wenig Raum ein. Die Erschließung des vollen körpersprachlichen Repertoires und der Einsatz sowohl tiefer als auch hoher Statushandlungen sorgt für ein authentisches, aktives Auftreten.

Insofern ist es für die Führungskraft, die als solche anerkannt sein möchte, nicht immer sinnvoll, im Hochstatus zu verharren oder um es überspitzt im Bild der Bühnenfigur Charlie Chaplin auszudrücken, der gerne Tiefstatusrollen spielte, um am Ende der Geschichte über allen anderen zu stehen. Hochstatus bedeutet gerade nicht Arroganz, denn das hat der echte Hochstatus nicht nötig. Ein guter Schuss Tiefstatus wirkt sympathisch und macht den Umgang miteinander entspannter. Die Mischung macht’s.

Wichtig ist zu erkennen, dass die Führungskraft, wie natürlich auch alle anderen Mitarbeitenden ihren situativen Status durch die sogenannte „Statuswippe“ steuern können. Dies bedeutet, wenn ich  „hochstapele“, fällt mein Gegenüber. Die Selbstaussage: „Ich habe heute richtig viel vom Tisch weggearbeitet“ impliziert: „Ich bin leistungsfähiger als Du“.

Mit dem Angebot: „Ich habe heute irgendwie nicht viel geschafft“ steige ich tief ein und erhöhe die vermeintliche Leistungsfähigkeit meines Gegenübers. Fatal ist, dass die Eigenwahrnehmung stark von der Fremdwahrnehmung abweichen kann, so dass die Statuswippe nicht immer funktioniert. Beispiele: „Oh, Du hast eine leckere Suppe gekocht“ > „Ach, das ist doch nichts besonders.“ oder „Der dritte Gang des Menüs hat aber gut geschmeckt.“ > „was war denn mit den anderen Gängen nicht in Ordnung?“

Autoren: Dr. Hans-Christian Lippmann und Sarah Bansemer